Helfen macht Freude!

Nach ausgiebiger Frühstücksbuffet Erkundung hatten wir vor, unsere Autos um zu packen, damit die heiß begehrten Mitbringsel problemlos unters Volk gebracht werden können. Also Camping-Geraffel und sonstiges Zeug aus dem Kofferraum raus und alle Klamotten vom Dachgepäckträger rein. Soweit der Plan. Sobald du hier als Europäer ansatzweise interessante Dinge aus deiner Karre lädst, bildet sich innerhalb kürzester Zeit eine Traube von Menschen, die dir bis auf die Boxershorts runter alles abkaufen wollen. Ursprünglich wollten wir die Sachen zwar erst am Sonntag bei der Versteigerung los werden, aber wat weg is‘, is‘ weg. So starteten also intensive Verhandlungen, bei denen multi-tasking Fähigkeiten ganz klar ein muss waren. Nicht nur, dass gleichzeitig fünf Leute auf einen einreden, man musste auch aufpassen, dass die Interessenten sich nicht gegenseitig das Zeug wegschnappten.

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Witzig war, das erste Mal bei solchen Verhandlungen auf Verkäufer-Seite zu stehen. Grundsätzlich war unser gewollter Preis natürlich immer zu hoch – egal, ob es 30 oder 3 Euro waren – aber das hatten wir ja mittlerweile raus. Interessant ist dann auch, wenn man bei den Preisverhandlungen von einem Gebrauchtwaren-Händler den Satz hört „I don’t have to buy this from you. There are hundrets of containers from Europe with stuff we can sell.“ Herzlich Willkommen in der Hilfsgüter-Realität!

Aberwitzig war auch das Preisverhältnis. Für unsere guten Benzinkanister bekamen wir umgerechnet gerade mal 50 Cent, während 4 Mülltüten und eine Packung Kabelbinder 4 Euro einbrachten. Sogar unser Pappklo wurden wir unter viel Gelächter der Anwesenden an einen Einheimischen los. Wir sind uns allerdings nicht ganz sicher, ob er weiß, was er da gekauft hat. Ihm hat’s auf jeden Fall sichtlich Freude bereitet.

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Nach einem kurzen Meeting im DBO Hauptquartier, brachten wir unsere mitgebrachten Biergläser ins Blue Kitchen. Es herrscht chronischer Bierglas Mangel in Gambia, weshalb die Rallyeteilnehmer aufgefordert wurden Biergläser aller Größen und Formen durch die Wüste nach Banjul zu transportieren. Dank einer freundlichen Spende der Firma Niehues konnten wir mit einer ordentlichen Anzahl Diebels Alt Gläser aufwarten. Erstaunlich: Kein Einziges ist auf der langen Strecke kaputt gegangen, obwohl sie mit den anderen Hilfsgütern oben auf dem Dach verstaut waren und dementsprechend jede Bodenwelle mitbekommen hatten. Das ist noch wahre Qualität!

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Den Rest des Tages verbrachten wir an der Poolbar, was mit unter auch der Grund ist, warum der Bericht erst heute online gestellt wird. Abends nahmen wir dann noch das Grillbuffet im Blue Kitchen mit, um uns dann ins Nachtleben Serrekundas zu stürzen. Der Verdacht vom Anreisetag hatte sich nämlich erhärtet: Wie durch Zufall und vollkommen unbeabsichtigt liegt unser Hotel direkt an der Haupt-Party-Touristen-Meile. Wir gingen also auf Tuchfühlung mit den Einheimischen, mit dem Ergebnis, dass man als weißer Europäer ungemein begehrt ist, grundsätzlich alles kaufen kann und noch viel mehr angeboten bekommt. Mit teilweise sehr innovativen Verkaufsmethoden.

Am nächsten Tag standen die ersten Besichtigungen der unterstützten Projekte an. Unter anderem ein besonders schöner Aspekt der Rallye, da man wirklich sieht, wofür das eingenommene Geld verwendet wird. Erste Station war die Lambai Nursey School. Nursey Schools sind vergleichbar mit den deutschen Kindergärten, mit dem wesentlichen Unterschied, dass sie nicht vom Staat unterstützt werden. Gleichwohl haben sie eine besonders wichtige Funktion, da sie den Kindern die englische Sprache beibringen, die auf den weiterführenden Schulen die Unterrichtssprache ist. Viele Familien sprechen jedoch zu Hause nur eine der vier gambianischen Ursprachen, sodass die Kinder ohne Nursey School im Prinzip auf der normalen Schule keine Chance haben.

Die Rallyeteilnehmer wurden mit lautem Gesang der anwesenden Kinder willkommen geheißen und nach ein paar Worten von Heinz und dem leitenden Lehrer zum Projekt gab es die große Bescherung. Stifte, Malbücher, Schreibzeug, Kuscheltiere – alles was das afrikanische Kinderherz begehrt wurden reichlich verteilt. Zwischendrin ebneten wir dann noch den Weg für das erste Auwel-Holter Fußballteam auf afrikanischem Boden…

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… und machten Groß und Klein zu Mitglieder im Fanclub „Eigenheim“.

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Christoph nutzte gleich mal die Gelegenheit, um seine Englischkenntnisse aufzubessern, aber aus unerfindlichen Gründen wollte ihn die anwesende Lehrerin nicht als Schüler akzeptieren. Dabei hatte er sich extra rasiert…

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Zwar war die ganze Aktion eine schöne Sache, nur erlebte man auch live mit, dass diese Nursey School eben nur für eine begrenzte Zahl an Kindern verfügbar ist. Vor dem Tor der Schule wartete eine Horde Kinder, die keine Schüler waren, aber trotzdem auf Geschenke hofften. Unsere Idee, einen Teil der Schreibwaren draußen zu verteilen stellte sich aber als nicht so klug heraus. Kaum hatten die Kinder erkannt, dass in unserem Karton was zu holen war, kam es zu Tumult-Bildung um Christoph, sodass er sich nur mit Mühe wieder in die Schule bewegen konnte. Da erkennt man, dass eine Nursey School für 125 Kinder nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, wenn die zehnfache Menge an Kinder in den Straßen herumspringt. Nichts desto trotz waren wir sichtbar zufrieden mit der geleisteten Arbeit:

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Weiter gings zu einer im Bau befindlichen Nursey-School (ganz schön zu sehen, aber wenig spektakulär) und dem Women’s Garden, der direkt hinter dem Blue Kitchen anfängt. Der Women’s Garden ist aus dem Beschluss des Präsidenten entstanden, dass jede Frau im Land die Möglichkeit haben soll zu arbeiten. So wurde in den Gemeinden Gärten mit Infrastruktur (also einem Brunnen) angelegt, welche die Frauen bewirtschaften können. Der Garden hinter der Blue Kitchen versorgt ungefähr 100 Frauen und Schätzungsweise 600 Kinder, wobei die Erlöse der angebauten Gemüsesorten bei Weitem nicht für alle reichen.

So war die Freude umso größer, als die letzten Geschenke und Hilfsgüter im Women’s Garden abgeliefert wurden. Nach einer kleinen Rede des Bürgermeisters wurden die Anwesenden Rallyefahrer wieder durch Tanzeinlagen entertaint. Das Rasieren hat sich anscheinend doch gelohnt, da Christoph direkt mit in die Tanzperformance eingebunden wurde.

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Und auch Peter fand neue Freunde, die Ihn eigentlich nicht mehr gehen lassen wollten:

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Alles in allem also ein sehr schöner Nachmittag, der uns wieder einmal bewusst machte, dass die Rallye neben dem ganzen Spaß an der Fahrt an sich wirklich etwas Positives in Gambia bewegen kann.
Nachdem wir uns vom Helfen erholt hatten, stand nur noch die Vorbereitung der Fahrzeuge auf die morgige Versteigerung an. Das hieß in erster Linie den Wagen von innen und außen zu reinigen. Wir gaben diese verantwortungsvolle Aufgabe gerne in die Hände von Fachpersonal, die äußerst gründlich über gefühlte 3 Stunden putzen und wienerten was das Zeug hielt. Natürlich im afrikanischen Tempo. Die Wagen sind jetzt blitz blank (eigentlich haben wir den Trooper noch nie so sauber gesehen) und sind bereit, Höchstpreise zu erzielen.

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