Etappe 8: Ganz viel Gegend im Atlas

Heute stand die Atlas Überquerung an. Zur Auswahl stand entweder die vom Roadbook vorgesehene Strecke über befestigte, breit gebaute Straßen oder die Route direkt mitten durch das Gebirge über Tahanoute, Asni und die Tizi-n-Test Region, deren letztes Drittel von unserem Kartenmaterial als „schwierige oder gefährliche Strecke“ eingestuft wurde. Das hörte sich doch ganz nach unserem Geschmack an!

Da die Tankstellensituation stetig ungewisser wird, je weiter man sich in Marrakech Richtung Osten bewegt, wurden vorsorglich schon mal jeweils zwei Kanister mit Sprit gefüllt. Durch eine defekte Zapfsäule setzte Andre dabei ohne Absicht die halbe Tankstelle unter Diesel. Was in Europa als mittlere Katastrophe gilt und Nervenzusammenbrüche bei örtlichen Wasserschutzvereinigungen ausgelöst hätte, kratzte die anwesenden Servicekräfte nicht mal ansatzweise. Kraftstoff verkaufen heißt der Auftrag. Ob der dann auf dem Tankstellenboden oder im Auto landet ist dabei anscheinend nebensächlich.

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Peter ließ sich noch kurz den Weg erklären, wie wir Marrakech am besten zu verlassen hätten, um auf die gewünschte Route R 203 zu kommen, sodass wir uns schließlich auf einer Meter für Meter kurviger werdenden Straße wiederfanden. Wir waren allerdings nicht allein, da die Idee den Atlas direkt zu durchqueren anscheinend mehrere Teams hatten. So trafen wir zwischendurch immer mal wieder auf verschiedene rastende Teams, die am Straßenrand kurze Pausen einlegten um die einmalige Aussicht zu genießen.

Getrübt wurden Aussicht und Stimmung nur von ab und an auftretenden Geräuschen in Rechtskurven. Während Christoph fest davon überzeugt war (oder vielleicht auch nur hoffte), dass der Ursprung in unserem Sicherungsbalken auf dem Dachgepäckträger lag, passte Andre und mir der gleichzeitig auftretende Gummigeruch nicht in die Diagnose. Die Befürchtung bewahrheitete sich: Unser hinterer linker (Breit-)Reifen küsste ab und an die Karosserie. Grund war neben den sowieso schon runter gerockten Stoßfängern auch eine etwas einseitige Beladung unsererseits, da neben den zwei Ersatzreifen auf Felge auch noch unsere Wasservorräte auf der Seite untergebracht waren. Fürs erste also in Rechtskurven langsamer fahren und auf die To-Do-Liste das Umpacken des Fahrzeugs schreiben.

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Neben Bergen und Tälern – wahlweise mit Steinen oder Schnee bedeckt – tauchte irgendwo auch ein kleiner Flusslauf auf, der bei uns die Diskussion aufkommen ließ, ob der Isuzu die Durchquerung schaffen könnte. Praktischerweise entdeckte Andre eine passierbar-erscheinende Abfahrt zum Flussbett, die wir, nach kurzer Bestechung des ansässigen Bauer mit einer unserer Caps, in Angriff nahmen.

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Auch wenn der ein oder andere Stein aus dem Weg geräumt werden musste und zwischenzeitlich die Karre ganz schön schief stand, erreichten wir schließlich den „Fluss“, der sich bei näherer Betrachtung doch eher als Bach herausstellte. Mit Blick auf unsere Reifen verzichteten wir dank immer spitzer werdender Steiner dann doch auf die Durchquerung, machten aber zu mindestens ein nettes Foto. Für irgendwas musste der Aufwand ja schließlich gut gewesen sein. Peter und Claus beobachteten uns dabei vom oberen Teil des Weges, da sie vernünftiger Weise erkannt hatten, dass sich der Audi in diesem Terrain nicht sonderlich wohl fühlte.

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Bei der Fahrt durch die einzelnen Dörfer wurden wir auch schon erste Mitbringsel unserer Spendengüter los. Heiß begehrt von den Kindern am Straßenrand waren vor allem die roten Caps. Bilder gibt’s davon bis jetzt noch keine, weil wir es erst mal logistisch hinbekommen müssen, Sachen rauszugeben und zu fotografieren, während sich Arme von der Beifahrerseite bis zum Lenkrad ins Auto strecken. Wir üben aber fleißig!

Das längst fällige Teamfoto konnten wir dann an einer Moschee entlang des Weges schießen lassen.

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Für 10 Dirhams, umgerechnet circa 1 Euro, erklärte uns der Aufseher bereitwillig, dass die Moschee sogar von einem Deutschen aus Stuttgart restauriert wurde. Wir könnten uns also quasi wie zu Hause fühlen.

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Weiter ging die Fahrt, wobei wir ständig mutmaßten, ob wir die „gefährliche“ Strecke gerade fahren, schon hinter uns hatten oder noch kommen würde. Bald war klar, die bisherige Strecke war abenteuerlich gewesen, aber noch harmlos gegenüber dem, was noch kommen sollte. Einspurige Streckenabschnitte, die auf der einen Seite von Felswänden, auf der anderen Seite vom Abgrund begrenzt wurden

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All das wäre noch kein Problem gewesen, wenn uns nicht halsbrecherisch rasende Einheimische entgegen gekommen wären. Mehr als einmal war es ganz schön knäppkes, aber dank Licht- und Hornhupe hat es dann doch irgendwie gepasst. Respekt an die Großgerätfahrer, die da durch manövrieren!

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Der ganze Nervenkitzel wurde aber durch die atemberaubenden Aussichten relativiert, die uns die Strecke bot. Zwischenzeitlich erreichten wir Höhen von über 2000 Metern, sodass man sich regelrecht klein fühlte bei dem Blick in die Ferne.

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Zum Schluss noch ein Bild zur örtlichen Baustellenverkehrsführung. Mangels Bauleuchten werden einfach Steinhaufen auf die Straße gelegt und eine Aufsichtsperson abgestellt, um den Verkehr neben der sich gerade im Bau befindlichen Brücke durchs trockengelegte Flussbett zu führen. Geht hier alles ohne Probleme.

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4 Kommentare

  1. Hallo Jungs
    Ein Kompliment an Euch für die Berichterstattung. Opa und Oma sind ganz begeistert wie so etwas funktioniert. Ihr macht tolle Bilder – Bin mal gespannt was Ihr fotografiert habe und wir noch nicht sehen konnten. Viel Spaß
    und Viel Glück weiterhin.

  2. Hallo Jungs.

    Weiter so. Lese Eure Berichte sehr gerne.
    Es scheint ja so, als ob Eure Karre prima durchhält.

    Ich würde mir noch gern ein Kamelfoto mit euerem Boliden wünschen.

    Grüße aus der kalten Heimat.

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