Etappe 12-16: Wüste!

Endlich ist es soweit, wir dürfen in den Sandkasten für Große!

Erst mal hieß es aber mit der kompletten Kolonne Marokko verlassen und Mauretanien sicher erreichen. Ich betone das so, da zwischen den beiden Grenzen eine ca. 4 km lange Niemandsland-Zone liegt, die neben einem 40 Meter breiten „Weg“ eigentlich nur aus verminten Gebiet besteht. Man merkt, es wird zunehmend angespannter.

An der Ausfahrt von Marokko bekamen wir dann auch die ersten Ak-47 zu Gesicht, die von grimmig dreinblickenden Zöllnern demonstrativ als Zeichen der Macht durch die Gegend getragen wurden. Wir hatten die Chance uns das recht genau anzusehen, da die wesentliche Tagesbeschäftigung aus Warten bestand. Mal wieder. Aber wir wurden ja schon vorgewarnt, dass man  besser früher als später die „African Time“ akzeptiert und die Extrem-Entschleunigung genießen sollte.

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Irgendwann hatten wir es dann auch IN die Zollstation von Marokko geschafft, wo der gesamte Papierkram geregelt wurde. Das hieß, Zöllner laufen planlos durch die Gegend und suchen das passende Auto zu dem Papier in ihrer Hand. Bei 50 Fahrzeugen eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Das ganze wurde zwischenzeitlich von einem Alarm unterbrochen, den Christoph sofort als Alarmanlage eines Schweinestalls identifizierte. Überaus wahrscheinlich an der Grenze zwischen zwei islamischen Ländern…

Irgendwann wurde ein ziemlich wichtig aussehender (Merke: Je größer der Oberlippenbart, desto wichtiger die Person) aber ausgesprochen gut gelaunter Zöllner auf uns aufmerksam, da er die Callune auf unserer  Motorhaube entdeckte. Interessiert fragte er, ob das eine marokkanische Pflanze sei und wir die notwendigen Ausfuhrpapiere inklusive Quarantänebescheinigung dabei hätten. Hatten wir natürlich nicht. Mit dem Wissen, dass wir versteckt unter der Plane auf dem Dach noch mehr von den Pflanzen hatten, erklärten wir ihm, dass es sich nur um ein Sponsorprodukt handele und wir es zur Not auch in Marokko lassen könnten. Nach einem kurzen Lacher über den Namen „Beauty Ladys“ gab er schließlich sein okay, indem er uns verdeutlichte, er würde beide Augen zudrücken und es mal so durchgehen lassen.

Dem Schritt ins Niemandsland stand also nichts mehr im Wege. Schlagartig wurde die Straße schlag-artig, es war nämlich keine wirkliche mehr zu erkennen. Zwischen allerlei Autowracks und Personen, die uns Tauschgeldgeschäfte und Zigaretten anboten, ging es im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein (und Sand) in Richtung Grenzstation Mauretanien. Da wurden die ersten Offroad Qualitäten gefordert!

In der Zollstation angelangt, bemerkten wir den zahlenmäßigen Anstieg von Maschinengewehren und die Tatsache, dass wir Schwarz-Afrika immer näher kamen. Plötzlich fühlte man sich so RICHTIG weiß, da Grenzpersonal und Zigarettenverkäufer deutlich dunkler wurden. Allerdings gehört dem Uniformeinkäufer der Mauretanischen Armee ein Lob ausgesprochen, da die Grenzsoldaten in ihrem Outfit unerhört lässig aussahen, wie Andre richtig erkannte. Wer den Film Lord of War kennt, weiß wovon wir sprechen. Mit AK-47 und Sonnenbrille hat man einfach die Coolness gepachtet.

Während andere Teams teilweise sehr angespannt die Wartezeit verbrachten, starteten wir mit guter Laune und zugegebener Maßen nicht gerade leisem Genuss der Fix Your Face Mixe bei offenem Fenster eine Privatparty in unserem Trooper. Nicht ohne die Aufmerksamkeit eines komplett vermummten Zöllners mit der Statur eines Schrankes auf uns zu ziehen. Mehr oder weniger auffällig schlich er unumwunden um unser Auto herum. Problem dabei: Wenn Sonnenbrille und Turbantuch dein Gesicht verdecken, ist es schwierig deine Gemütsregung zu erkennen. 50/50 Chance: Maßloser Ärger oder Freude. Beim Hip-Hop Remix von The Outfields „Your Love“ kam er schließlich ans Beifahrerfenster und meinte mit Daumen-hoch-Geste: „Good Music! Music has no borders!“ Recht hat der Mann.

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Der Tag endete mit dem ersten Camping in freier Natur im Schutz von mehren Dünen. Nach kleineren Problemen durch heftige Windböen beim Zeltaufbau, konnten wir in einer wahnsinnigen Kulisse den Sternenhimmel genießen.

2012.02.21: Auf Tuchfühlung mit Sand und AK-47 Boys

Jetzt aber richtig! Nach einer kurzen Etappe über eine „asphaltierte“ Straße bogen wir ab ins Nichts. Wüstenbriefing stand auf der Tagesordnung. Die Organisatoren weihten uns in die Tricks beim Fahren auf Sand (Nicht die gleiche Spur wie der Vorgänger benutzen, Abstand halten) und beim Stehen im Sand (Ruhe bewahren, Schüppe rausholen, nicht zu viel Gas geben) ein. Anschließend war kollektives Luftentleeren angesagt, da eine möglichst breite Auflagefläche des Reifens ein halbwegs gutes Durchkommen gewährleisten soll. Schnell begann das Fachsimpeln um den richtigen Reifendruck, das auch noch eine gute Stunde andauern konnte, da unsere Führer erst mal ein zweites Begleitfahrzeug organisieren mussten.

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Peter versuchte sich derweil im Anlegen der Wüstenkleidung:

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Als alles präpariert und auch die Führer vollzählig waren konnten wir endlich durchstarten. Anfänglich noch braves hintereinander fahren artete schon recht früh in die Erkundung eigener Wege und Geschwindigkeiten aus. Vorneweg fuhr der lädierte Golf mit Führer on board, verfolgt von einer wilden Rallye-Horde, die kreuz und quer durch die Gegend bretterten. Wir bekamen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Dementsprechend viel Sand fanden wir dann auch abends beim Zähneputzen.

Leider wurde der gaskranke Zustand in regelmäßigen Abständen unterbrochen, weil irgendein Fahrzeug kurzzeitig den Geist aufgab. Hier ein platter Reifen, da ein überforderter Kühler: Es ging eher schleppend voran am ersten Tag. Trotzdem erreichten wir irgendwann eine Sektion, die mehr fahrerisches Können verlangte als Gas geben. Vorsichtshalber hauten wir also den Allradantrieb rein, sodass wir spielend leicht durch die Düne pflügen konnten. Auch der Audi konnte dank den Erfahrungswerten seiner Piloten ohne Probleme das Hindernis überqueren. Andere hatten da mehr Probleme. Neben einigen Rallyepiloten hatten sich erstaunlicher Weise auch unsere bewaffneten Beschützer der Polizei mit Ihrem Toyota Pick-Up festgefahren. Klar, das wir da natürlich selbstlos unsere Kupplung aufs Spiel setzten und die Jungs aus ihrer peinlichen Lage befreiten.

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Die Einsandungen und vor allem die anschließende Befreiung der in Sand badenden Boliden kostete ordentlich Zeit, sodass wir schon kurz danach das Nachtlager aufschlugen. Der erste Wüstentag war überstanden, keine Einsandungen, keine technischen Probleme bei uns im Team. Großes Lob geht hier an Stefan Hagmans, dessen Panzer-Konstruktion unterm Audi im Gegensatz zu manch anderer Unterbodenschutzbastelei alle zerstörerischen Steine und Bodenwellen abgehalten hat.

2012.02.22: „Ich fahr jetzt einfach mal…“

Morgens machten wir uns daran, den Tank des Isuzus mit unserem mitgebrachten Sprit zu befüllen. Abschreckend wirkte dabei die Vorstellung, die Dachgepäckträger Sicherung lösen zu müssen. Das muss auch anders gehen! Also flux eine manuelle Pumpe aus diversen Schläuchen gebastelt. Es dauerte zwar seine Zeit, bis der Kanister leer und der Tank voll war, aber Zeitdruck ist ja auch wirklich das Letzte was wir hier haben.

Die Kinderkrankheiten der Rallyewagen waren soweit beseitigt, sodass wir anfänglich wirklich Kilometer abreißen konnten. Das ging  bis zu einem 100 Meter langen Tiefsand-Stück gut, dass es zu Überqueren galt. Während über Funk die Nachricht kam, wir sollten bitte warten, die Führer würden einen Weg suchen, fuhren die ersten Wagen schon fleißig mitten in ihr sandiges Verderben. Was soll man auch machen, wen  man kein Funkgerät hat und nicht in den Rückspiegel guckt…

Die ersten Wagen hingen also schon mal fest. Immer ganz vorne mit dabei, aber bisher noch fahrbereit waren Peter und Claus mit ihrem Audi. Bis zu dem Zeitpunkt als man Peter sagen hörte „Claus, ich fahr jetzt einfach!“ Keine Minute später steckte der Audi tief im Sand. Das ganze Spektakel in der Ferne beobachtend erreichte uns recht schnell der Funkspruch „Trooper, einmal bitte rausziehen!“ Das war das Signal für Christoph mit Blaulicht und Lalülala zur Rettung zu eilen. Leider missachtete er dabei den Grundsatz aus dem Endurosport „Lieber einen Sturz riskieren, als den Schwung zu verlieren“ (Danke Klaus!)und versuchte mit einer gekonnten 90 Grad Kurve vor dem Audi zum Stehen zu kommen. Das funktioniert im Tiefsand leider nicht. Also so gar nicht. Im Endeffekt standen wir also mit beiden Autos im Sand und wir sogar mit allen 4 Reifen. Das brachte uns dann auch direkt 2 Striche auf der Einsandungsliste ein, da 4×4 Fahrzeuge fairerweise doppelt gezählt werden. Ultra gut gelaufen! Egal, hauptsache Spaß haben. Schlussendlich waren wir dann mit beiden Autos auf der anderen Seite und konnten unsere Menpower bei anderen eingesandeten einsetzen. An der Stelle war wirklich fast jeder dran. Dementsprechend lange dauerte die Passage, sodass wir anschließend erst mal eine Mittags-Ruhepause einlegten.

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Der restliche Tag verlief dann in ähnlicher Weise. Zwar war kein Abschnitt mehr so fatal wie der erste Einsandungs-Hot-Spot, jedoch musste der Rallye-Zug des Öfteren aus Einsandungs-Gründen halt machen. Insbesondere unsere Braunschweiger Vito Freunde zeigten Avancen, Führende der Einsandungsliste werden zu wollen.

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Allerdings hatten wir auch einen Verlust zu vermelden. Die andauernden Waschbrettpassagen haben dem professionell und TÜV-Norm geschweißten Gepäckträger ordentlich zugesetzt. Als wir uns wunderten, warum unsere Action-Cam so schief hängt wurde dann das Ausmaß deutlich: Die vordere Anti-Rutsch-Vorrichtung (bei deren Befestigung übrigens die zweite Frontscheibe drauf ging) hatte sich verabschiedet. Spontan wurde aus den Überresten ein würdiges Denkmal erbaut.

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Claus war an diesem Tag übrigens besonders glücklich, da er nach langem Suchen endlich seinen Lieblingsteddy wieder gefunden hat:

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Nach diesem Tag war der Sand dann auch wirklich in jeder Ritze. Hatte man am Anfang der Wüste noch das Gefühl, man könnte sich durch Wassergebrauch dem Großteil vom Sand entledigen, war spätestens nach dieser Etappe klar, dass das nur Wunschdenken sein konnte. Abends wurde gerätselt, ob man nun braun geworden ist oder einfach der Staub alles bedeckt. Irgendwo in der Mitte lag wohl die Wahrheit.

2012.02.23: Atlantik wir kommen!

Tag 3 in der Wüste.  Die Orgs machten uns Mut mit der Ankündigung: „Wir müssen nur noch durch drei Dünen, dann sind wir am Meer.“  Hörte sich eigentlich nicht schlecht an, wenn da nicht das Problem wäre, dass sich jetzt nicht nur ebenerdig eingesandet wurde, sondern auch bergauf. Team B9 to Box Bar Road kann aber erfolgreich vermelden, diesem Schicksal nicht verfallen zu sein. Dafür hatten wir genug Wartezeit um auf Tuchfühlung mit Wüstenbewohnern zu gehen.

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Ansonsten ging es gewohnheitsmäßig über Stock und Stein, bis tatsächlich die ersten Anzeichen von Siedlungen wieder zu sehen waren. Nach einer letzten Tiefsand-Anhöhe waren wir dann wirklich am Meer angelangt. Allerdings jetzt nicht unbedingt beim schönsten Abschnitt, da ein penetranter Fischgeruch zu verspüren war und auch die Wasserqualität zu wünschen übrig ließ. Gut, das unser Nachtlager ein paar Kilometer weit weg lag, auch am Strand aber ohne Geruchsbelästigung. Kaum war der tobende Atlantik in Sicht, gab es kein Halten mehr bei den Teams. Die Autos wurden notdürftig abgestellt, Zelte halb aufgebaut und anschließend sich so schnell wie möglich ins Kühle nass gestürzt. Erfrischung ist gar kein Ausdruck dafür! Ich hab mich noch nie so sauber nach einem Meerbesuch gefühlt.

2012.02.24: Baywatch Feeling at its best!

Letzte Offroad Etappe der Rallye, wobei der besondere Reiz in der Strecke entlang des Meeres lag. Das musste man aber erst mal erreichen, da bekannter Maßen zwischen Meer und „Festland“ Dünen liegen. 12 Uhr sollte Abfahrt sein, es wurde dann 13 Uhr als ein erneutes Briefing angesetzt wurde. Die See war rauer als üblich, womit sich unser Fahrstreifen um mehrere Meter verkleinert hatte. Links war es zu sandig auf Grund der Dünen, rechts lief man Gefahr ins Meer gespült zu werden. Und man sollte Wasserkontakt unbedingt vermeiden, da das Salzwasser die unglückliche Eigenschaft hat, agressiv alles zu zerstören was wichtig ist am Wagen.

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Die Düne wurde natürlich dank der gesammelten Erfahrung ohne Probleme bezwungen. Die Beachtung der „Wasserkontakt“-Regel wurde dann allerdings etwas großzügiger ausgelegt. Wenn man schon mal die Chance hat mit Vollpin durchs Wasser zu ballern, muss man sie auch ergreifen. Dementsprechend wurde zu mindestens der Trooper mit einer ordentlichen Sand/Salz Kruste überzogen.

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2 Kommentare

  1. Bin jedesmal heilfroh, wenn ihr wieder eine Etappe unbeschadet überstanden habt… ziemlich nervenaufreibend! Danke, Knet, für deine super Berichterstattung. Denk an Euch!

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